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Umsetzung der Whistleblower Richtlinie – Bundestag und Bundesrat beschließen Hinweisgeberschutzgesetz

Der Bundesrat hat heute den Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes angenommen. Zuvor hatten Bundestag und Bundesrat am 9. Mai 2023 im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss gefunden, wie das Hinweisgeberschutzgesetz („HinSchG“) ausgestaltet werden soll. Der Bundestag hatte bereits gestern über die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses abgestimmt.

Damit tritt das seit langem erwartete HinSchG voraussichtlich noch im Juni 2023 in Kraft.

Die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 („Whistleblower-RL“) hätte eigentlich bereits bis Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Nach der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass Behörden und Unternehmen ab 50 Mitarbeitern und Kommunen ab 10.000 Einwohnern interne Meldestellen schaffen, an die sich Hinweisgeber wenden können, um Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Unionsrechts (darunter Verstöße in den Bereichen öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit, Umweltschutz, Verbraucherschutz, Datenschutz) zu melden. Der Bund hat zudem externe Meldestellen einzurichten, die befugt sind, Hinweise entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

Der im Dezember 2022 vom Bundestag beschlossene Entwurf des Gesetzes stieß unter anderem deshalb auf Kritik, da er den sachlichen Anwendungsbereich weiter fasste als die Whistleblower-RL. Streitpunkt war auch die Möglichkeit anonyme Meldungen abzugeben. Im Bundesrat erhielt das zustimmungspflichtige Gesetz im Februar diesen Jahres keine Mehrheit. Der infolgedessen einberufene Vermittlungsausschuss konnte jedoch Anfang dieser Woche eine Einigung erzielen. Der Bundestag hat dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses am 11. Mai 2023 zugestimmt.

Damit besteht nun Gewissheit. Unternehmen ab 250 Mitarbeitern sind bereits mit Inkrafttreten des HinSchG im Juni 2023 unmittelbar verpflichtet, ein internes Hinweisgebersystem einzurichten. Für kleinere Unternehmen zwischen 50 und 249 Mitarbeitern gilt hierfür eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023.

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss werden unternehmensinterne und externe Meldestellen nicht mehr verpflichtet anonyme Hinweise zu bearbeiten. Das Gesetz sieht stattdessen nur noch eine Soll-Vorschrift vor.

Darüber hinaus wird der sachliche Anwendungsbereich des HinSchG auf den beruflichen Kontext beschränkt. Demnach fallen Informationen über Verstöße nur noch in den Anwendungsbereich, wenn sie sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle beziehen, mit der die hinweisgebende Person beruflich in Kontakt steht. Hinweisgeber sollen die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen, das Wahlrecht zwischen Meldungen an interne und externe Stellen bleibt aber bestehen.

Die Höhe der den Unternehmen im Falle von Verstößen gegen das Gesetz drohenden Bußgelder reduziert sich nach dem Kompromiss auf maximal 50.000 Euro. Das Gesetz sieht auch keine Anspruchsgrundlage für Schmerzensgeld für Whistleblower mehr vor, die einen Schaden im Zusammenhang mit ihrer Meldung erleiden. Schließlich konnte auch eine Einigung im Hinblick auf die Regelungen zur Beweislastumkehr gefunden werden. Die Vermutung, dass die erlittene Benachteiligung eine Repressalie der Meldung ist, besteht künftig nur noch dann, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht.

Das Gesetz wird nun noch dem Bundespräsidenten vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet. Einen Tag nach Verkündung wird das HinSchG in Kraft treten.

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